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HOHES ENGAGEMENT

Für die Anliegen von behinderten Menschen

Mit dem Virus Polyomyelitis ("Polio-Virus", Kinderlähmung) infizierte sich Lorenzo bereits im Alter von 6 Jahren. Dadurch war er in seiner Bewegungsfreiheit praktisch sein ganzes Leben schwer beeinträchtigt. Es gebührt ihm ein grosser Dank dafür, dass er während vielen Jahren seines Erwachsenenlebens energisch, eloquent und zielstrebig die Anliegen behinderter Menschen vertrat. Dies tat er in erster Linie als Mitglied der Vereinigung ASPr/SVG ("Association Suisse des Paralysés" / Schweizerische Vereinigung der Gelähmten). Dort war er in der Kommission für Teleheimarbeit tätig, engagierte sich bei den diversen Strukturberatungen, gehörte viele Jahre dem Redaktionsausschuss der Vereinszeitschrift "Faire Face" an und war nicht nur Mitbegründer, sondern auch langjähriger Vizepräsident der 1990 entstandenen und bis heute aktiven Interessengemeinschaft für Polio-Spätfolgen (SIPS), einer Fachsektion der ASPr/SVG.

Die Emanzipation von Behinderten

Über die ASPr/SVG hinaus kannte man Lorenzo Piaggio durch seinen Einsatz als Stimme der Behinderten auf dem manchmal etwas mühsamen Weg zur Selbstbestimmung und Selbstvertretung. Wenn Nichtbehinderte mit fürsorglichem und betreuerischem Gehabe diesen Anspruch anzweifeln wollten, wurde er deutlich: «Wie lange noch dulden wir die Arroganz der selbsternannten Experten und Fachleute? Wie lange noch lassen wir exklusive Zirkel und gemeinnützige Kreise (kirchliche und weltliche) an uns "Gutes" tun? Wie lange noch lassen wir private Werke für uns sammeln, statt eine Politik des Rechtsanspruchs zu fordern?

Slogan Lorenzo - Emanzipazion - IV Revis

Zitat von Lorenzo Piaggio aus dem Buch "Behinderten-Emanzipation"

"Die Normen der Nichtbehinderten können nicht unsere Normen sein!" - kraftvolle Aussagen wie diese - in der Einleitung zum Buch «Behinderten-Emanzipation» nachzulesen - bezeugen die vitale und engagierte Grundhaltung, die im Kampf gegen Fremdbestimmung heute wie gestern unvermindert aktuell ist. So verwundert es nicht, dass das in Zürich mit finanzieller Hilfe der ASPr/SVG entstandene Zentrum für Selbstbestimmtes Leben Lorenzo stets sehr am Herzen lag.

Cover Behinderten-Emanzipation - Lorenzo

Lorenzo war gemeinsam mit Ernst P. Gerber Co-Herausgeber des bereits erwähnten Buches "Behinderten-Emanzipation - Körperbehinderte in der Offensive", welches 1984 im alternativen Z-Verlag Basel erschienen ist (ISBN: 3859900633). In seiner Funktion als Herausgeber formulierte er nicht nur die Einleitung zu diesem Buch, sondern verfasste zudem auch die folgenden Kapitel:

  • Selbstbestimmung und Selbstorganisation im Arbeitsbereich

  • Wissenswertes über Einstellungen (gemeinsam mit E. P. Gerber)

  • Gedanken zum Behindertensport in der Schweiz

  • Was haben Jane Goodall's Schimpansen mit der Behindertenproblematik zu tun?

Haben Sie Interesse an diesem Buch? Dann können Sie es gleich hier bei uns zum Preis von CHF 20.- (zzgl. Porto) mit einer kurzen E-Mail bestellen. Wir freuen uns auf Ihre Bestellung!

Ein Auszug aus einer engagiert verfassten Rezension zu diesem Buch, welche der Querdenker Christoph Eggli im Jahr 1984 in der Zeitschrift "PULS" (im Monatsheft 9 der Gruppen IMPULS + Ce Be eF") publiziert hatte, gibt uns einen packenden und lebensnahen Einblick in die damaligen Hintergründe zum Erscheinen dieses Werkes:   

"Als direkt Betroffener warte ich seit Jahren auf jenes Buch, welches den dringend nötigen Übergang von der Defensive zur offensive propagiert und welches Ansätze zur Konkretisierung der Emanzipationsidee andeutet, sowohl theoretisch, wie auch durch Erfahrungsberichte aus dem Behindertenalltag. Ein solches Werk stellt zweifellos das Buch «Behinderten-Emanzipation» dar, eine Sammlung von Texten von achtzehn Behinderten aus Deutschland und der Schweiz. Die demonstrierte Einheit hat zwar «synthetischen» Charakter, denn sowohl bürgerliche wie auch linke oder gar anarchistische Behinderte haben mitgeschrieben, weshalb in praktischen Belangen die Ansichten der Autorinnen und Autoren beträchtlich voneinander abweichen. Das ist aber meines Erachtens immer noch ein kleineres Übel, als wenn, wie schon nur zu oft, eine nichtbehinderte Galionsfigur sich zum Papst in Sachen Behinderten-Emanzipation aufschwingen würde, um daraus ideellen Profit zu schlagen! Vielleicht für Ce Be eF-Insider interessant: am Buch haben wichtige Ce Be eF-Persönlichkeiten mitgearbeitet, wie etwa Helene Bruppacher, Ursula Eggli, Hans Bollhalder und Joe Manser. Auch ich habe einen Artikel platziert und den Fotosatz hat Elisabeth Kundert aus Luzern besorgt. «Behinderten-emanzipation» ist, wie schon erwähnt, beim alternativen z-verlag in Basel erschienen. Schon die Vorarbeit, dann aber das Lektorat und der Druck waren für die beiden Herausgeber mit grossem Ärger verbunden. Am Schluss haben sich gar noch Druckfehlerteufelchen eingeschlichen und daran ist nicht so sehr Lisbeth schuld, sondern die fehlende Organisiertheit des Verlages, welcher konstant sich nicht an den Zeitplan hielt... Wenn man die Vorgeschichte kennt, so ist man erfreut, dass doch noch ein ansehnliches und schönes Buch entstanden ist, welches sich lohnt zu lesen!"

Zudem wird das Buch "Behinderten-Emanzipation" in folgenden Büchern und Verzeichnissen zitiert:

  • "Kontinuitäten, Zäsuren, Brüche?"; Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen in der deutschen Zeitgeschichte; Gabriele Lingelbach und Anne Waldschmidt, erschienen 2016 im Campus Verlag, Frankfurt am Main

  • "Behinderte Anerkennung?";  Interessenorganisation von Menschen mit Behinderung in Westdeutschland seit 1945, erschienen 2017 im Campus Verlag, Frankfurt am Main

Behindertensport und die Freude an der Bewegung

Lorenzo war kein Mann der schnellen Entschlüsse; er war ein Denker, der gründlich überlegte, ein Phänomen zerlegte und der Sache auf den Grund gehen wollte - Schritt für Schritt. Oberflächliches entsprach nicht seiner Art. Das war auch in persönlichen Gesprächen immer wieder spürbar. Seine Aufsätze sind das Ergebnis einer sorgfältigen Arbeitsweise. Da gäbe es zahlreiche Beispiele. So etwa sein Referat zum «Begriff der Mitsprache» oder seine Analyse des Behindertensports in der Schweiz. Für unkonventionelle Ideen war er durchaus zu haben. Selber Mitglied einer Behindertensportgruppe versuchte er, die Mitsportler zur Selbstgestaltung des Turnprogramms anzuregen, um so wenigstens ein Stück weit vom leiterzentrierten Betrieb abzurücken. Freude an der Bewegung und Spass am spielerischen Wettkampf stellte er vor Nützlichkeitsvorstellungen. Ganz in diesem Sinne sah er seine Ausfahrten in die nähere Umgebung seines Wohnorts Greifensee mit dem fussbetriebenen Dreirad, das er mit seinem frischen Erfindergeist für seine Bedürfnisse konstruieren liess.

Weitere Publikationen von Lorenzo 

Publikationen in PULS

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Zeitschrift: Puls : Monatsheft der Gruppen IMPULS + Ce Be eF, Band 23, Heft 5 (1981)

  • "Behindertenprophet im Abseits". Reaktionen von Behinderten auf die Motivationen von Nicht-Behinderten

​​Zeitschrift: Puls : Monatsheft der Gruppen IMPULS + Ce Be eF, Band 26, Heft 9 (1984)

  • Rezension zum Buch "Behinderten-Emanzipation" von Christoph Eggli

Hinweis zur Zeitschrift PULS
 

Die Zeitschrift PULS, herausgegeben von 1976 bis 1994, war seinerzeit eines der wichtigsten Sprachrohre der Behindertenbewegung in der Schweiz. Die Zeitschrift wurde von 1976 bis 1985 gemeinsam von den Vereinen "Impuls" und "Club Behinderter und Ihrer Freunde" CeBeeF herausgegeben. Ab 1986 war der CeBeeF alleiniger Herausgeber der Zeitschrift PULS, die seit diesem Zeitpunkt mit dem Untertitel "DruckSache aus der Behindertenbewegung" geführt wurde. Der Verein CeBeeF wurde Ende 1992 in ANORMA umbenannt. Der Verein löste sich Ende 1993 auf, die letzte Nummer der Zeitschrift erschien anfangs 1994.
 

Die "Schweizerische Gesellschaft für Disability Studies" (SGDS) betreut die Zeitschrift PULS auf dem elektronischen Archiv e-periodica.ch der ETH Zürich (vormals retro.seals.ch), wo einige Ausgaben online eingesehen werden können. 

Quelle: e-periodica (elektronisches Archiv der ETH Zürich)

PULS - Buch 2011 - Cover.png

Im Jahr 2011 ist zudem ein Buch mit dem Titel "PULS - DruckSache aus der Behinderten-bewegung" erschienen, welches diese nur Insidern bekannte zeitgeschichtliche Epoche einem breiten Publikum erschliesst. Der Hauptteil des Buches besteht aus Interviews mit acht ehemaligen Redaktionsmitgliedern der Zeitschrift «Puls». Es macht die Kernanliegen von Menschen mit Behinderung deutlich und zeigt die Herausforderungen für eine demokratische Sozialpolitik auf. Dieses Buch kann z.B. hier bei ex libris online bestellt werden.

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